Streit zwischen WEG-Verwalter und Eigentümer: BGH-Urteil zur Balkonsanierung

Jinny Verdonck

19. April 2020

Wenn Hinweise vorliegen, dass das Gemeinschaftseigentum einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) Mängel oder Schäden aufweist, dann ist der WEG-Verwalter dazu verpflichtet, diesen Hinweisen auf den Grund zu gehen. Zudem muss er den Wohnungseigentümern Handlungsmöglichkeiten vorlegen. Zu diesem Schluss kam der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 21.11.2019.

Hintergrund zum Fall

Da eine ehemalige Verwalterin nach Ansicht der Wohnungseigentümer unzureichende Sanierungsmaßnahmen getroffen hat, fordern diese von ihr Schadensersatz.

Es geht um eine Wohnanlage aus den 1960er Jahren, die aus vier Gebäuden und insgesamt 334 Wohnungen besteht. Die Wohnungseigentümer haben im Jahre 2000 die Verwalterin über Schäden an den Balkonen informiert. Die Verwalterin beauftragte daraufhin ein Sachverständigenbüro. Dies sollte ein Gutachten erstellen, um den Zustand der Balkone zu ermitteln und festzustellen, ob eine Sanierung notwendig ist. Es ist allerdings strittig, ob damals tatsächlich ein schriftliches Gutachten angefertigt wurde und wenn ja, mit welcher Empfehlung.

Im Protokoll einer in 2001 stattgefundenen Eigentümerversammlung steht, dass eine einfache Betonsanierung unter Verwendung von Epoxidharz genügend sein. Danach kam das Thema Balkonsanierung bis 2009 nicht mehr bei Eigentümerversammlungen zur Sprache.

Aufgrund von einzelnen Schadensmeldungen veranlasste die Verwalterin im Zeitraum 2001 bis 2010 Sanierungsarbeiten an Balkonen durchführen. Die Kosten hierfür beliefen sich auf insgesamt 200.000 Euro. Ein Eigentümer meldete der Verwalterin in 2004, dass sich von diversen Balkonen Betonbrocken gelöst haben.

Schadensersatzforderung der Eigentümer

Die Verwalterin wurde 2011 abberufen. Die Wohnungseigentümer sind der Meinung, dass die ehemalige Verwalterin bereits im Jahr 2001 die Notwendigkeit einer Gesamtsanierung der Balkone festgestellt haben müsse und die Pflicht gehabt hätte, dies den Eigentümern mitzuteilen. Da die anstehende Gesamtsanierung im Vergleich zum Jahr 2001 jetzt erheblich höhere Kosten bedeutet, fordern die Wohnungseigentümer von der ehemaligen Verwalterin Schadensersatz in Höhe von 219.000 Euro.

Urteil der Vorinstanzen

Sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht wiesen die Klage der Wohnungseigentümer ab. Dies begründeten sie damit, dass die Verwalterin ihre aus dem Verwaltervertrag hervorgehenden Pflichten nicht verletzt habe. Entscheidungen über Maßnahmen zur Instandhaltung und Instandsetzung zu treffen sei in erster Linie Aufgabe der Wohnungseigentümer und diese hätten nach Auffassung der Gerichte den gleichen Kenntnisstand gehabt wie die Verwalterin in Blick auf den Zustand der Balkone.

Das Amts- und das Landgericht haben allerdings einen von den Wohnungseigentümern benannten Zeugen nicht vernommen. Es handelt sich dabei um einen Mitarbeiter des Sachverständigenbüros, der 2001 für die Erstellung des Gutachtens zuständig war und aufgrund dessen in der Lage sein soll, die damaligen Empfehlungen genauer zu erläutern.

Das Urteil des BGH

Das Urteil des Landgerichts wurde vom BGH aufgehoben. Die BGH-Richter verweisen den Rechtsstreit an das Landgericht zurück. Zur Aufklärung über die in 2001 erteilte Empfehlung muss das Landgericht nun den Mitarbeiter des Sachverständigenbüros als Zeuge anhören.

Falls festgestellt wird, dass damals eine umfangreiche Sanierung des Balkons vom zuständigen Sachverständigenbüro empfohlen wurde, kann der damaligen Verwalterin eine Verletzung ihrer Verwalterpflichten vorzuwerfen sein, da sie es in diesem Fall versäumt hat, die Wohnungseigentümer über das Gutachten und die Sanierungsempfehlung in Kenntnis zu setzen. Ein weiterer Verstoß gegen ihre Verwalterpflichten können vorliegen, falls sich herausstellt, dass sie die Wohnungseigentümer nicht über die gemeldeten Schäden an den Balkonen informiert hat, die während ihrer Zeit als Verwalterin eingegangen sind.

Doch selbst für den Fall, dass die Eigentümer keinen Nachweis darüber erbringen können, dass eine Gesamtsanierung empfohlen wurde und die Verwalterin die Wohnungseigentümer über jegliche Schadensmeldungen informiert haben sollte, kann die Verwalterin unter Umständen dennoch haftbar gemacht werden. Aufgrund der Häufigkeit und Ausmaß der aufgetretenen Schäden hätte die Verwalterin eventuell den Schluss ziehen müssen, dass es einen tieferen Grund für die Schäden gibt. In einem solchen Fall wäre es ihre Pflicht gewesen, die Wohnungseigentümer darüber in Kenntnis zu setzen sowie die Vorbereitung einer Beschlussfassung über eine nähere Begutachtung der Ursache der Schäden in die Wege zu leiten.

Fazit

Nach Auffassung des BGH ist der Verwalter dafür zuständig, Mängel zu überprüfen und eine Lösung zur Beseitigung zu finden. Die Eigentümer dürfen darauf vertrauen, dass dies durch den Verwalter geprüft wird, dieser sie darüber informiert sowie sich um die Vorbereitung einer sachkundigen Beschlussfassung kümmert.