Keine Räum- und Streupflicht über die Grundstücksgrenze hinaus

Jinny Verdonck

22. Februar 2018

In einem Urteil in Bezug auf die Räum- und Streupflicht des Vermieters hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass ein Vermieter in der Regel nicht die Verpflichtung hat, die Teile des öffentlichen Gehwegs, die über die Grundstücksgrenze hinaus führen, zu streuen oder zu räumen. Dies gilt generell dann, sofern die Gemeinde den Vermieter und Eigentümer des Grundstücks nicht mit einer allgemeinen Räum- und Streupflicht beauftragt hat.

Worum ging es in dem verhandelten Fall?

Die Vermieterin einer Münchner Wohnung wurde vom Mieter auf Schadensersatz verklagt. Nach Auffassung des Mieters habe die Vermieterin ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, denn als der Mieter das Haus verlies, stürzte er auf dem vor dem Haus befindlichen öffentlichen Gehweg. Dies geschah im Januar 2010. Die Pflicht zum Räumen und Streuen lag bei der Stadt München. Diese hatte den Gehweg auch tatsächlich geräumt und gestreut, jedoch nicht auf der gesamten Gehwegbreite und auch nicht im direkten Hauszugang. Das führte dazu, dass ein kleiner Bereich ungeräumt blieb. Die Vermieterin war der Ansicht, dass sie nicht die Pflicht hatte, weitere Räumarbeiten vorzunehmen, daher räumte oder streute sie diesen Bereich auch nicht.

Die Klage des Mieters wurde abgewiesen

Das Gericht kam jedoch zu dem Schluss, dass die Vermieterin nicht in der Pflicht stand, dafür zu sorgen, dass der vor dem Haus befindliche öffentliche Gehweg geräumt wird. Ein Vermieter ist im Rahmen des Mietvertrags zwar dazu verpflichtet, dem Mieter nicht nur die Nutzung des Mietobjekts zu gestatten, sondern auch den Zugang dazu. Darunter fällt es prinzipiell auch, Räumungs- und Streuarbeiten auf den Wegen auszuführen, die sich auf dem Grundstück der Mietwohnung befinden, wie vor allem auf dem Weg, der von der Haustür bis zum öffentlichen Gehweg führt.

Verkehrssicherungspflicht lag bei der Stadt München

In diesem Fall ist der Mieter jedoch nicht auf dem zur Mietwohnung gehörenden Grundstück gestürzt, sondern auf dem öffentlichen Gehweg. Somit oblag die Verkehrssicherungspflicht hier nicht beim Vermieter, sondern bei der Stadt München. Nur in seltenen Fällen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, kann es vorkommen, dass die Verkehrssicherungspflicht über das Grundstück hinaus ausgeweitet wird, was hier allerdings nicht der Fall war. Des Weiteren konnte es dem Mieter zugemutet werden, dass er den schmalen ungeräumten Bereich des Gehweges mit der nötigen Vorsicht durchquert, um den geräumten Bereich des Gehwegs zu erreichen. (BGH, Urteil v. 21.2.2018, VIII ZR 255/16)