BGH-Urteil: Ob nach einer Mieterhöhung ein Härtefall vorliegt, muss im Einzelnen betrachtet werden

Jinny Verdonck

7. November 2019

Nach der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen und einer anschließenden Mieterhöhung, kann der Mieter nicht automatisch auf eine kleinere Mietwohnung verwiesen werden, wenn dieser nicht mehr in der Lage ist die erhöhte Miete für die große Wohnung zu zahlen. Zu diesem Urteil kam der BGH.

Die Frage, ob es sich um eine angemessene Wohnungsgröße handelt, sei zwar wichtig, allerdings käme es auch auf die Umstände des individuellen Falls an, so die Auffassung des BGH. Wenn sich der Mieter darauf beruft, dass eine unzumutbare Härte vorliegt, dann sei es auch von Belang, inwieweit der Mieter in der Wohnung verwurzelt ist oder wie es mit seiner Gesundheit bestellt ist.

Hintergrund zum Fall

Geklagt hatte ein Mieter, der bereits ab seinem 5. Lebensjahr in einer Wohnung eines Berliner Mehrfamilienhauses wohnte. Er ist mittlerweile der einzige Bewohner dieser 86 Quadratmeter großen Wohnung. Der Mieter ist Hartz-IV-Empfänger und für die Miete bezieht er monatlich 463,10 Euro. Die Kaltmiete beträgt jedoch 574,34 Euro seit Sommer 2016. Hinzu kommt noch ein Heizkostenvorschuss von 90 Euro. 

Zu den von der Vermieterin durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen zählen neben Dämmungsarbeiten und einer Vergrößerung der Balkone auch die erneute Inbetriebnahme eines stillgelegten Fahrstuhls. Der Vermieter teilte dem Mieter schriftlich mit, dass die Kaltmiete ab Januar 2017 um 240 Euro pro Monat erhöht wird. Der Mieter wandte sich daher ans Gericht und berief sich darauf, dass die Erhöhung der Miete eine finanzielle Härte für ihn bedeute, und forderte, dass das Gericht feststellt, dass er keine Pflicht habe, die geforderte Mieterhöhung zu zahlen.

So urteilten die Vorinstanzen

Das Amtsgericht war der Ansicht, dass der Mieter lediglich nicht für die 70 Euro für die erneute Inbetriebnahme des Fahrstuhls aufkommen müsse. Die Feststellungsklage des Mieters wurde ansonsten jedoch abgewiesen. Der Mieter legte daraufhin Berufung ein. Das Landgericht änderte das Urteil des Amtsgerichts und entschied, dass der Mieter keine Pflicht habe, mehr als 4,16 Euro pro Monat zu zahlen, nämlich den Betrag, der für die Dämmung der obersten Geschossdecke anfällt. Die Vermieterin ging daraufhin in Revision und machte insbesondere geltend, dass eine 50 Quadratmetergroße Wohnfläche für einen Einpersonenhaushalt gemäß den Vorschriften für staatliche Transferleistungen angemessen sei. Da die Wohnung des Mieters allerdings rund 86 Quadratmeter groß ist, werde diese Grenze erheblich überschritten.

Das BGH-Urteil

Der Bundesgerichtshof hat alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt und dazu zählt auch, dass der Mieter bereits seit etwa 55 Jahren in der Wohnung lebt. Aus diesem Grund könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er bereits von Anfang an über seine Verhältnisse lebe. Die Richter des BGH haben daher geurteilt, dass in diesem Fall eine unzumutbare Härte für den Mieter vorliege.

Zudem haben die BGH-Richter konkretisiert, wann kein Härtefall vorliegt: In den Fällen, in denen der Vermieter lediglich für einen „allgemein üblichen” Zustand des Hauses gesorgt hat oder beispielsweise gesetzlich dazu verpflichtet war, eine Modernisierung durchzuführen oder aufgrund der Sicherheit dazu gezwungen war, könne sich der Mieter laut den BGH-Richtern allerdings nicht auf die Härtefallregelung berufen. Da die Vorinstanz nach Auffassung der BGH-Richter keine richtige Prüfung vorgenommen hat, muss das Landgericht den Fall erneut prüfen.